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Formen des Gutachtens

Das Ärztliche Attest

Diese Form des Gutachtens formuliert sozial- oder privatrechtliche Tatsachen wie Krankheit, Arbeitsunfähigkeit, somatische Befunde, etc. und erfolgt im Konnex der ärztlichen Schweigepflicht. Äußerungen zu kausalen Zusammenhängen oder Eingaben seitens des Patienten, sind nicht Bestandteil eines ärztlichen Attestes und können sogar den Vorwurf der Parteilichkeit evozieren.

Des medizinischen Gutachtens gleichgestellt, muss sich das ärztliche Attest an dessen Kriterien prüfen lassen. Zu gutachterlichen Kriterien der Anamneseangaben, Beschwerdedokumentation und Befund bieten wir, durch die Ärztekammer zertifizierte Fortbildungen, in unserem Institut an.

Gutachten per Formular
Gutachten per Formular werden insbesondere von Lebens- und Unfallversicherungen in privater Trägerschaft in Auftrag gegeben. Ein vorformulierter Fragenkanon ist hier für die Erstellung des Gutachtens leitend. Die Anforderungen an den Gutachter zeigen sich vor allem in der Beurteilung – konkret – inwieweit innerhalb der vorformulierten Fragen der Sachverhalt, im Sinne der gutachterlichen Grundsätze, hinreichend exploriert und beantwortet werden kann.

Gutachten in freier Form
Gutachten in freier Form basieren auf den auftraggeberseitig bereitgestellten Daten und diagnostischen Ergebnissen. Anamnese, Beschwerdenprotokoll, fachmedizinischer Befund, Beeinträchtigungsbewertung, Erklärung der gesundheitlichen Einschränkung in Hinblick auf Arbeits-, Berufs-, Erwerbs- sowie Schuld- und Haftfähigkeit, etc.. Weiterhin bieten Gutachten der freien Form komplexe Aussagen zu Kausalitäten und Kontext differenter gesundheitlicher Beeinträchtigungen.

Gutachten mit finaler Fragestellung
Bei Gutachten unter finaler Fragestellung greift das Prinzip der Ausschließlichkeit. Die diagnostizierte gesundheitliche Beeinträchtigung und deren Auswirkung auf das Erwerbs- und Privatleben, stehen hier im Fokus der gutachterlichen Untersuchung. Die gutachterliche Tätigkeit hat dabei den Standards zur Begutachtung und Klassifikation von Funktions- und Gesundheitsstörungen des ICF (Internation Classifikation of Functioning, Disability and Health), der WHO (Weltgesundheitsorganisation) sowie dem Verband Deutscher Rententräger und der Verordnung der Versorgungsmedizin, Folge zu leisten. Die gesundheitliche Schädigung wird auf der Basis von Einschränkung zur Aktivität und Partizipation ratifiziert. Gesundheitliche Beschwerden werden im Zusammenhang mit den jeweiligen persönlichen, berufs- und umweltbedingten Umständen gutachterlich charakterisiert.

Die jeweilig angelegten Maßstäbe der verschiedenen Versicherungs- und Rechtsinstitutionen, verdeutlichen die komplexen Anforderungen an das medizinische Gutachten unter finaler Fragestellung:

Beispiele

  • Grad der Beeinträchtigung im Schwerbehindertenrecht und sozialen Entschädigungsrecht
  • Quantitative Erwerbsminderung (Arbeitszeit) in der gesetzlichen Rentenversicherung
  • Minderung der Erwerbsfähigkeit (Arbeitsmöglichkeit) in der gesetzlichen Unfallversicherung
  • Vorgaben der individualvertraglichen Klauseln unter Berücksichtigung der jeweiligen Bedingungen des Unfallversicherungsträgers
  • Grad der Berufsunfähigkeit auf der Grundlage der vertraglich dokumentierten privaten Versicherung zur Berufsunfähigkeit
  • Maßgabe der Differenz zwischen schadensbedingten Istzustand und dem hypothetischen schadensfreien Zustand, als Ausgleich für materielle und immaterielle Beeinträchtigung, im Bereich der Haftpflichtversicherung
  • Im Familien- und Betreuungsrecht sowie im Verkehrsrecht erfolgt sowohl die Beurteilung der Geschäfts- und Testierfähigkeit als auch die Entscheidung zur Verkehrszulassung ebenfalls unter finaler Fragestellung

Aufgrund divergierender Rechtsgebiete sollten Auftraggeber eines medizinischen Gutachtens auf die jeweiligen rechtlichen Empfehlungen zur Bemessung hinweisen.

Gutachten mit kausaler Fragestellung
Gutachten die auf einer kausalen Fragestellung basieren, fokussieren die Beziehung von Schadensursache und Schadenswirkung. Für die Erstellung eines kausalitätsbezogenen Gutachtens ist der Kausalitätsauslegung des jeweiligen Rechtsgebietes, zu folgen.

Beispiele:

  • Im Zivilrecht wie allgemeine Haftpflicht, ärztliche Haftung und Unfallversicherung in privater Trägerschaft, stützt sich die gutachterliche Beurteilung auf die Adäquanztheorie. Das bedeutet, dass eine Schadensfolge nicht nur unter einer besonders außergewöhnlichen Konstellation eingetreten ist, sondern dass sie auch unter ganz allgemeiner, lebensweltlicher Erfahrung hätte eintreten können. Für die Beurteilung des kausalen Sachverhaltes bedarf es detaillierte und umfassende Informationen zum Schadensfall und den daraus resultierenden Beschwerden. Schäden die beispielsweise als Folge aus einem Unfallgeschehen entstanden sind oder auch Beeinträchtigungen, verursacht durch eine fehlerhafte medizinische Versorgung, unterliegen item der kausalen Beurteilung durch den Gutachter. Eine Besonderheit des Gutachtens auf der Basis einer kausalen Fragestellung, bildet der Grundsatz der Partialkausalität. Letzterer findet insbesondere in der privaten Unfallversicherung Anwendung, sofern eine Mitwirkung begründet werden kann. Auch für Beschwerden die nicht kausal aus dem Unfallgeschehen hervor gegangen sind, greift das Prinzip der partiellen Kausalität.
  • Im Sozialrecht wie – gesetzliche Unfallversicherung und soziales Recht auf Entschädigung, basiert die gutachterliche Beurteilung auf dem Grundsatz der Bedeutsamkeit – der sogenannten Relevanztheorie. Neben der Einbeziehung sämtlicher kausaler Faktoren, liegt das Augenmerk bei dieser gutachterlichen Beurteilung auf der Einschätzung der Bedeutsamkeit für den jeweiligen Schadensfall. Sofern beispielsweise eine Vorerkrankung für ein Schadensereignis wesentliche Bedeutung zukommt, treten weitere schadensevozierende Gründe damit in den Hintergrund. Eine festgestellte Vorerkrankung wird in solch‘ einem Schadensfall wesentlich im Sinne der Kausalität. Das Prinzip der Wesentlichkeit bzw. Relevanz kann auch für mehrere Faktoren greifen. In diesem Fall muss die Ursächlichkeit für das Schadensgeschehen verdeutlich werden. Das Sozialrecht bewertet einen eingetretenen Schaden einheitlich. Eine geteilte Kausalität ist somit auch im Fall einer wesentlichen Mitverursachung zur gesundheitlichen Beeinträchtigung, ausgeschlossen.
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